Biografiepflicht und Werkwille
Verzicht von Liebe und Leben zugunsten von Werk und Wirken
Vortrag von Bazon Brock
28.05.2016 um 19 Uhr
»Seit wann müssen Menschen einen Lebenslauf haben? Vom Schuhkarton mit Ferienfotos zur Facebook-Biografie.«
Als Gastdozent der bedingungslosen akademie ist Bazon Brock, Denker im Dienst und emeritierter Professor für Ästhetik und Kulturvermittlung, eingeladen, um seine Sichtweise auf Leben und Werk von Kunstschaffenden zu erläutern.
»Es hat lange gedauert, bis man entdeckte, dass jeder Mensch eine Biographie hat, nicht nur Staatengründer, Religionsstifter und Künstler. Man wurde geradezu biographiepflichtig. Das Leben erschien erst beachtenswert, wenn jemand es der Erzählung für würdig hielt oder man es selbst erzählen konnte (als Autobiographie).
Die entscheidende Wirkung hatten aber Biographien, weil sie dazu anhielten, das eigene Leben unter Gesichtspunkten zu planen, die eine strukturierte Erzählung überhaupt ermöglichten. Mit dem Lebensplan und seiner Verwirklichung wurde das Leben selbst zu einem Werk.
Die Biographiepflichtigkeit von Jedermann wird vor allem ausgewiesen durch die Anforderung, jeder Bewerbung einen „Lebenslauf“ beizufügen. Seine Abfassung zwingt den Bewerber zumindest ansatzweise, Biographie als Zeitform anzuerkennen. Die Zeitform manifestiert sich in der Verknüpfung des bisherigen Lebens in der Rückschau mit der Voraussicht in die Zukunft. Ein erfolgreicher Bewerber garantiert Kontinuität des bisher Erreichten, also die Kontinuität einer Entwicklung, von der man sich viel versprechen kann.«
(Bazon Brock aus: »Die Macht des Alters«, 1998)
Webseite/Website
www.bazonbrock.de
Biografiepflicht Teil 1 from Galerie Wedding on Vimeo.
Bazon Brock Teil 2 from Galerie Wedding on Vimeo.