Galerie Wedding

New Commons – Lagos/Berlin

New Commons – Lagos/Berlin

Eine Ausstellung von Antoinette Yetunde Oni, Dane Komljen und Katrin Winkler. Kuratiert von Solvej Helweg Ovesen im Rahmen des Ausstellungsprogramms SoS (Soft Solidarity) konzipiert von Nataša Ilić und Solvej Helweg Ovesen

8.11.-23.11.2019

Eröffnung am 7.11.2019 von 19 bis 22 Uhr

Um Künstler*innen und Kurator*innen aus Lagos und Berlin Einblicke in die Kunstwelt des jeweils anderen Landes zu ermöglichen und dort zu arbeiten, hat das Goethe-Institut Nigeria in Kooperation mit dem Amt für Weiterbildung und Kultur Berlin-Mitte, Galerie Wedding – Raum für zeitgenössische Kunst, ZK /U – Zentrum für Kunst und Urbanistik, dem Kunstraum SAVVY Contemporary Berlin sowie der Arthouse Foundation Lagos das Residenzprogramm für junge Künstler*innen und Kurator*innen aus Berlin und Lagos ins Leben gerufen.

Zu den Stipendiat*innen 2019 gehören die nigerianische Künstlerin Antoinette Yetunde Oni sowie die Berliner Künstler*innen Dane Komljen und Katrin Winkler.

Das diesjährige Programm versteht sich auch als Raum für Improvisation, für die Formulierung und den Ausdruck des globalen Wandels in urbanen Zentren. Die Ausstellung »New Commons – Lagos/Berlin« dient als ein Moment in Zeit und Raum, der dem Austausch zwischen den beiden Städten gewidmet ist. Im Mittelpunkt stehen alternative Formen der Interaktion zwischen autonomen Netzwerken und deren Nutzung der Stadtarchitektur als Bühne. Urbane Standorte, die neu genutzt werden und als Zentrum für die Diaspora und andere Subkulturen in Lagos und Berlin fungieren.

Antoinette Yetunde Oni als Stipendiatin in Berlin: »Fellowship & Future Landscapes« im Dong-Xuan-Center, Berlin, 2019

»Die in Berlin stattfindende ‚Extinction Rebellion‘ ist fast wie eine neue Diaspora«, sagt die nigerianisch-britische Künstlerin und Architektin Yetunde Oni, die beobachtet hat, wie die Aktivistengruppe den urbanen Raum und die Gebäude Berlins für die Inszenierung ihrer Standpunkte und Demonstrationen nutzt. Ihr künstlerischer Ansatz ist es, die Anpassungsfähigkeit verstreuter Communities und Typologien der Architektur zu untersuchen und die Orte des ‚Anderen‘ durch Fotografie, Collage und Mapping aufzunehmen. Das Dong-Xuan-Center in Lichtenberg versteht sie als transformatives Kulturzentrum und kommerzielles Marktareal, das Michel Foucaults Beschreibung von Heterotopie versinnbildlicht; ein Ort des ‚Anderen‘, mit Schichten von Geschichte und Bedeutung, die zu seiner gegenwärtigen Existenz geführt haben. »New Commons: Fellowship & Future Landscapes« untersucht die poröse Natur der Diaspora und spekuliert im Format einer Collage über die Zukunft ihrer Räume – wie beispielsweise des Dong-Xuan-Centers – und den kulturellen Wert, den die menschlichen Handlungen dieser Art von Architektur verleihen.

Dane Komljen als Stipendiat in Lagos: Die zivile Umnutzung eines Messegebäudes in Lagos. Eine Film-, Ton- und Fotoinstallation »The Seven Elements«, 2019

Der ‚Trade Fair Complex‘ in Lagos wurde von 1973 bis 1977 von ‚Energoprojekt‘ gebaut, einem jugoslawischen Bauunternehmen, das in vielen Ländern der Blockfreien- Bewegung große Projekte realisierte. Der ‚TFC‘ wurde ein Jahrzehnt lang als Handelsplatz genutzt, bevor er geleert wurde und dem fortschreitenden Prozess der Privatisierung unterlag. Ausgehend von den Menschen in der näheren und weiteren Umgebung, dem Stadtrand, entstand ein Markt rund um zwei der fünf Gebäude, zu dessen ursprünglichen Strukturen neue Elemente hinzugefügt wurden. Die Installation »The Seven Elements« des in Berlin lebenden bosnischen Künstlers Dane Komljen, der gerade von seiner Lagos-Residenz zurückgekehrt ist, untersucht diesen Ort als utopisches Projekt, das in einem konkreten europäischen Umfeld konzipiert und in einem westafrikanischen Raum verwirklicht wurde, wo es sich zwar nicht durchsetzen konnte, aber umgenutzt und umgeformt wurde. Es ist eine Geschichte davon, wie eine Utopie durch historische Zeit fortbesteht. In der Installation platziert er um eine unvollständige Zeichnung des Grundrisses archivarische Fotos und Texte, aktuelle Ton- und Filmaufnahmen von Objekten, Steinen, Pflanzen, Tieren und Menschen, die nun das ehemalige Messegebäude in Lagos bevölkern. Ein Porträt des ‚Trade Fair Complex‘ als Schnittstelle von Ordnung und Chaos, imaginiert und geformt, vertikal und horizontal, Makro- und Micro-Community.

Katrin Winkler als Stipendiatin in Lagos: Historische Wege zur Wissensvermittlung und ihre Verflechtung mit rebellierenden Frauen in Lagos »pass it on and she will know«, 2019

Pflanzenmaterialien sind eines der ältesten Informationsträger des Menschen. Historische Texte deuten darauf hin, dass Palmblätter seit Jahrhunderten für diesen Zweck verwendet wurden. In der Ausstellung »New Commons – Lagos/Berlin« präsentiert Winkler eine Reihe von einnehmenden Notizen, die auf Abbildungen von Palmblattschatten gedruckt sind. Die Drucke sind zum Teil verstreut in der Ausstellung sowie auf einer zentralen Wand platziert, und tragen Schriftzüge wie: »Indem ich dir dieses Blatt gebe, lade ich dich ein, zu unserer Versammlung zu kommen, um zu protestieren«; »Hör zu, was hier passiert, ist nicht zum Besseren – sondern ein Mittel, um unser Leben härter zu machen«. In Lagos erforscht die in Berlin lebende Künstlerin und Filmemacherin Katrin Winkler, während diese Ausstellung stattfindet, historische Kommunikationsmittel (Palmblätter). Sie beziehen sich beispielsweise auf die Abeokuta Frauenrevolte, eine von Marktfrauen geführte Widerstandsbewegung, die Ende der 1940er Jahre die ‚Abeokuta Women’s Union‘ (AWU) gründete und gegen die Einführung ungerechter Steuern durch die britische Kolonialregierung kämpfte.

Das Residenzprogramm Berlin-Lagos wurde im Juli 2015 vom Goethe-Institut Nigeria initiiert, in Kooperation mit der Galerie Wedding Berlin – Raum für zeitgenössische Kunst, dem ZK/U – Zentrum für Kunst und UrbanistikSAVVY Contemporary Berlin und der ArtHouse Foundation Lagos.

Mit freundlicher Unterstützung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und des Fonds »Ausstellungsvergütungen«.

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New Commons – Lagos/Berlin

An exhibition by Antoinette Yetunde Oni, Dane Komljen and Katrin Winkler. Curated by Solvej Helweg Ovesen in the framework of SoS (Soft Solidarity) conceived by Nataša Ilić and Solvej Helweg Ovesen

8.11.-23.11.2019

Opening on 7.11.2019 from 7 to 10 pm

At 8 pm Dane Komljen talks about his experiences and fresh impressions as a filmmaker in Lagos in his installation »The Seven Elements«

In order to provide artists and curators from Lagos and Berlin with insights into the art world of the other country and to work there, the Goethe-Institut Nigeria in cooperation with the Department for Art and Culture Berlin-Mitte, Galerie Wedding – Space for Contemporary Art, ZK/U – Center for Art and Urbanistics, the art space SAVVY Contemporary Berlin and the Arthouse Foundation Lagos, the residency program for young artists and curators from Berlin and Lagos.

This year’s scholarship holders 2019 include the Nigerian artist Antoinette Yetunde Oni, as well as the Berlin-based artists Dane Komljen and Katrin Winkler.

Room for improvisation, for formulating and expressing global change in urban hubs. The exhibition »New Commons – Lagos/Berlin« serves as a moment in time and space dedicated to the exchange between the two cities. It focuses on alternate forms of interaction between autonomous networks and their use of urban architecture as stages. Urban sites that are repurposed and function as hubs for the diaspora and other subcultures in both Lagos and Berlin.

Antoinette Yetunde Oni on residency in Berlin: »Fellowship & Future Landscapes« in the Dong Xuan Center, Berlin, 2019

»The ‘Extinction Rebellion’ ongoing in Berlin is almost like a new Diaspora«, says Nigerian-British artist and architect Yetunde Oni, who has observed how the activist group uses the urban space and buildings of Berlin for staging their points and demonstrations. Her artistic purpose is to examine the adaptive nature of dispersed communities and typologies of architecture that accommodate places of ‘other’ through photography, collage and mapping. Currently, Dong Xuan Center in Berlin Lichtenberg is a transformative cultural center and commercial market ground demonstrating Michel Foucault’s description of Heterotopia; a place of ‘other’, with layers of history and meaning that have led to its existence. »New Commons: Fellowship & Future Landscapes« explores the porous nature of diaspora and in the format of collage speculate the future of their spaces – such as Dong Xuan Center – and the accumulating cultural value the current human activity is adding to this kind of architecture.

Dane Komljen on residency in Lagos: The civil repurposing of a trade fair building in Lagos. A film, sound, and photography installation »The Seven Elements«, 2019

The ‘Trade Fair Complex’ in Lagos was built from 1973 to 1977 by Energoprojekt, a Yugoslavian construction company that undertook major endeavors in many countries that formed the Non-Aligned Movement. ‘TFC’ was used as a place of trade for a decade, before being emptied out and remaining in the ongoing process of privatization. Coming from the people living in its vicinity, the outskirts of the city, a market sprung up around two of the five buildings new elements have been added on the original structures. The installation »The Seven Elements« by the bosnian Berlin-based artist Dane Komljen, who just returned from his Lagos residency, examines this site as a utopian project conceived in one particular european setting and carried out a westafrican one where it failed to take root, but nevertheless got repurposed and reshaped. It is a story of how a utopia perseveres through historical time. In the installation he places archival photos and text, present day sound recordings and footage of objects, stones, plants, animals and humans that populate the former Fair building in Lagos around an incomplete drawing of its floor plan. A portrait of the ‘Trade Fair Complex’ as a point of convergence of order and chaos, imagined and formed, vertical and horizontal, macro and micro community.

Katrin Winkler on residency in Lagos: Historical ways of redistributing knowledge and entanglement of rebelling women in Lagos »pass it on and she will know«, 2019

Plant materials are one of the oldest media used by humans for writing. Historical
texts suggest that leaves of palms had been used for centuries for this purpose. In the exhibition »New Commons – Lagos/Berlin« Winkler presents a series of engaging notes printed on mages of palm leaf shadows. The prints are placed astray in the exhibition and on a central wall saying: »by giving you this leaf I invite you to come to our assembly to protest«; »Listen what happens here is not for the better – but a means to make our lives harder.« Meanwhile in Lagos as this exhibition is happening, the german artist and filmmaker Katrin Winkler, based in Berlin, researches historical means of communication (palm leaves) related to e.g. The ‘Abeokuta Women’s Revolt’, which was a resistance movement led by market women, who formed the ‘Abeokuta Women’s Union’ (AWU) in the late 1940s fighting against the imposition of unfair taxation by the British colonial government.

The Berlin-Lagos residency program was initiated by the Goethe-Institut Nigeria in July 2015 in cooperation with the Galerie Wedding – Space for Contemporary Art, the ZK/U – Center for Art and Urbanism, the Savvy Contemporary Berlin and the Arthouse Foundation Lagos.

With kind support of the Senate Department for Culture and Europe and the funds »Ausstellungsvergütungen«.

Biographien der Künstler*innen / Artists biographies

Photos: Marlene Burz

Galerie Wedding